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Der Ursprung der Taglilien-Sorten-Merkmale

von Dr. Jürg Plodeck
publiziert von Hemerocallis Europa im:
Hemerocallis Brief, Vol. 8 #3+4, Sept.-Dez. 2002, S. 22-28 + 38 (Farbbild-Seite)

Dieser Artikel ist in 3 Abschnitte unterteilt:

 Eigenschafts-Uebersicht mit Erwähnung der entsprechenden Taglilien

Betrachtet man die neuesten Züchtungen, so ist es schwer sich vorzustellen, dass dies alles aus diesen gelben, orangen und einer rosaroten Spezies hervorgegangen ist, und dass das Züchten erst vor ungefähr 100 Jahren angefangen hat. Schaut man aber genauer die Eigenschaften der Züchtungen und der Spezies an, so sieht man, welche Eigenschaft von welcher Spezies gekommen ist.

Anzahl Chromosomensätze
   
Tetraploide Taglilien sind in der Natur nicht vorhanden; d.h. diese sind von Menschen gemacht durch Anwendung von Kolchizin beim Wachstumspunkt der Fächer oder bei Sämlingen oder Meristem-Zellkulturen (Kolchizin verhindert die Zellteilung, was zur Verdoppelung des Chromosomensatz führt). In der Natur sind nur diploide Taglilien-Spezies bekannt, aber es gibt ein paar wenige Triploide wie H. fulva 'Europa', H. fulva 'Kwanso', H. fulva var. maculata und H. fulva var. angustifolia (da diese triploid sind, können sie im Prinzip nur durch Teilung oder Zellkultur vermehrt werden; ich frage mich, warum einige von ihnen den Status einer Varietät und nicht die eines Klons bekommen haben wie bei 'Europa' und 'Kwanso', d.h. den Namen H. fulva 'Maculata' und H. fulva 'Angustifolia' haben). Triploide Pflanzen sind ziemlich steril, da die Reduktionsteilung (Meiose) zur Herstellung der Pollen und Eizellen normalerweise nicht zu korrekten Pollen oder Eizellen führen, die aus einem einfachen oder doppelten Chromosomensatz bestehen (Chromosomen sind manchmal in zwei Teile geteilt, oder eine Zelle besteht neben dem kompletten Satz von Chromosomen noch aus ein paar extra-Chromosomen [doppelt], die die Befruchtung verhindern oder zu Abort führen). Nur durch Zufall und viele vergebliche Versuche kann man aus Pollen oder Eizellen von triploiden Pflanzen zu Früchten kommen.
    Also die Taglilien-Spezies konnten nur verwendet werden um diploide Züchtungen zu erhalten (manchmal produzieren Taglilien nicht-reduzierte Gameten [= Pollen/Eizelle], die zur Befruchtung von tetraploiden Züchtungen verwendet werden können).

Wurzeln und Ausläufer
   
Es gibt wahrscheinlich keine Sorte, die speziell bezüglich Wurzeln gezüchtet wurde, da sie im Boden versteckt sind und bis jetzt nicht von Interesse sind. Dennoch wachsen die meisten Züchtungen als mehr oder minder kompakte Pflanzen, was es bis zu einem gewissen Grad schwierig macht, eine Pflanze zu teilen. Die Fähigkeit, ein paar Zentimeter vom Mutterfächer weg Ausläufer zu bilden, wurde normalerweise weggezüchtet. Dennoch wird dieses Merkmal für Auspflanzungen, wie sie entlang von Strassen in USA gemacht werden, bevorzugt, und Pflanzen mit dieser Eigenschaft wurden für diesen Zweck häufiger verwendet als andere, damit die Fläche schneller von der Züchtung oder Spezies bedeckt wird und weniger Pflanzen für die Start-Pflanzung gebraucht werden. Die Fähigkeit, Ausläufer zu machen, die mehr als 20cm vom Mutter-Fächer weg sind, kann bei fast allen wenn nicht allen H. fulva Spezies gefunden werden. Ausserdem macht H. lilioasphodelus auch Ausläufer, aber die sind normalerweise um die 10cm und werden selten 20cm oder länger. Alle anderen Spezies zeigen selten Ausläufer und falls, sind sie kürzer als 10cm. Sehr kompakte Horste kann man bei H. minor sehen.

Blätter
   
Einige Züchtungen zeigen gelb-grüne Blätter, die man auch bei den H. fulva Spezies finden kann. Andere haben blau-grüne Blätter, die am extremsten bei H. citrina sichtbar sind.
    Nur wenige Züchtungen besitzen panaschierte Blätter; diese Eigenschaft kann bei H. fulva 'Kwanso Variegata' gefunden werden. Da diese Spezies triploid ist, ist es nicht so einfach, Samen aus den wenigen Pollen und Eizellen zu erhalten, die fähig sind, Samen zu erzeugen. Wahrscheinlich kann diese Eigenschaft nicht direkt in den Genen gefunden werden, sondern eher ausserhalb des Zellkerns, d.h. es wird nicht mit den Pollen sondern mit den Eizellen übertragen. Dies und weil panaschierte Pflanzen die Panaschierung während der Zeit verlieren können, ist wahrscheinlich der Grund, warum es nicht viele panaschierte Taglilien-Züchtungen zu kaufen gibt. Kürzlich fand ich 2 kleine panaschierte Fächer neben dem Mutter-Fächer, der keine Panaschierung aufweist. Aber die Mutter-Pflanze ist nicht H. fulva 'Kwanso' sondern eine andere H. fulva, die ungefüllte Blüten hat und aus Samen gezogen wurde, die wild in Japan von einer Person eines japanischen, botanischen Gartens gesammelt wurden.
    Es gibt viele Sorten, die im Winter mehr oder weniger grün bleiben und sogar an wärmeren Tagen ein bisschen wachsen. Dieses immergrüne (nicht-einziehende) Verhalten kann nur bei einer Spezies gefunden werden, nämlich H. aurantiaca. Dennoch bleiben auch einige H. fulva var. littorea (manchmal auch als H. aurantiaca var. littorea bezeichnet) im Winter grün oder beginnen im Herbst von neuem mit neuem Wachstum. In kälteren Klimaten sehen diese immergrünen Sorten im Winter und Vor-Frühling nicht gerade schön aus und sind manchmal nicht einmal ganz winterhart. Sogar wenn sie während dem Winter gut aussehen und im Frühling wieder zu wachsen anfangen, kann ein kalter Tag (einige Grade unter 0° Celsius) genügen, dass sie anfangen matschig zu werden und man aufpassen muss, dass man nicht den ganzen Fächer oder die ganze Pflanze verliert.
    Während die meisten Sorten wie auch Spezies Blätter mit einem Durchmesser von 1-5cm haben, gibt es auch einige Sorten mit gras-artigen Blättern, die normalerweise auch von niedrigem Wuchs sind. Um die Proportionen zu bewahren, sind die Blüten normalerweise nicht so gross wie bei den Runden und Gerüschten oder bei den Spidern. Diese gras-artigen Blätter können auch bei H. minor und H. graminea gefunden werden, aber auch andere Spezies wie H. multiflora, H. nana oder die verlorene H. darrowiana und H. fulva var. angustifolia haben ziemlich schmale Blätter. Aber normalerweise stammen die schmalen Blätter bei den Züchtungen von H. minor, da diese ausserordentlich häufig zur Erzeugung von schmal-blättrigen Taglilien-Züchtungen verwendet wurde. Dennoch ist es möglich, dass manchmal kleine, gras-blättrige Züchtungen auch H. multiflora in sich tragen wegen anderer Eigenschaften wie z.B. spät-blühend, viel-blütig etc. H. nana wurde sehr selten in Züchtungen verwendet, da sie nicht überall winter-hart ist und es nicht einfach ist, von ihr Samen zu erhalten.

Stengel
   
Die Grösse und Steifheit eines Blütenstengels ist von grosser Wichtigkeit für das ganze Aussehen der Pflanze. Wie gut kann eine Pflanze sein, wenn der Blütenstengel zu kurz ist oder zu stark herunterhängt, und die Blüten im Laub oder am Boden versteckt sind? Diese Eigenschaft von herabhängenden Blütenstengeln, die nicht fähig sind, die grosse Zahl von Blüten und/oder Früchten zu tragen, stammt normalerweise von H. multiflora. Da die Züchter versuchten, auf stärkere Blütenstengel zu züchten, ist diese schlechte Eigenschaft selten bei registrierten Züchtungen zu finden. Sehr dicke Blütenstengel kommen entweder von H. fulva's oder H. exaltata. Aber auch die anderen Spezies besitzen Blütenstengel, die aufrecht stehen auch wenn viele Blüten und/oder Früchte daran sind. Sehr hohe Blütenstengel können nur bei H. altissima gefunden werden; die mit einer Höhe von bis 2m die höchste aller Taglilien Spezies ist. Eine Höhe von 1-1.5m kann bei vielen H. fulva's aber auch bei H. citrina und einigen Klonen von H. thunbergii, H. yezoensis und H. citrina var. vespertina gefunden werden. Sehr kurze Blütenstengel besitzen H. nana und H. darrowiana, aber H. darrowiana wurde nie zur Züchtung verwendet und ging verloren, während dem H. nana in kälteren Klimaten nicht winterhart ist und nur schwer Samen hervorbringt, weshalb sie nur selten verwendet wurde. Deshalb stammt die Eigenschaft von kurzen Blütenstengeln sehr häufig von H. minor, aber auch von einigen Klonen der echten H. dumortieri. Alle anderen Spezies besitzen Blütenstengel im Bereich zwischen 40-100cm, was auch bei den meisten Sorten anzutreffen ist.

Proliferationen (Achseltriebe)
   
Einige Sorten zeigen häufig Proliferationen, während andere einem nur selten oder nie dieses Vergnügen bereiten. Diese Fähigkeit Proliferationen zu erzeugen, ist wohl bekannt bei H. fulva var. littorea, aber es kann auch bei anderen H. fulva's beobachtet werden wie bei H. fulva var. sempervirens, H. fulva 'Kwanso' und anderen H. fulva Klonen. Ausserdem zeigen manchmal andere Spezies wie H. altissima und H. coreana diese Fähigkeit sich zu vermehren, und gelegentlich kann es auch bei H. citrina und sehr selten bei anderen Arten angetroffen werden. Mehrere Proliferationen bekam ich dieses Jahr bei SPOOKY FINGERS (Holman, 1991), aber es war das erste Mal, dass sie bei mir blühte, obwohl ich sie bereits 4 Jahre besitze.

Verzweigung / Anzahl Blüten
   
Normalerweise versucht ein Züchter nicht nur wundervolle Blüten zu bekommen, sondern auch viele Blüten, damit man eine lange Blütezeit erhält. Aber damit man viele Blüten bekommt, ist es notwendig, einen verzweigten Blütenstengel zu haben. Je weiter diese sich ausbreiten, desto weniger behindern sich die Blüten gegenseitig, wenn sie zur gleichen Zeit offen sind. Deshalb sollte man unverzeigte (= einästige) oder zwei-ästige mit nur wenigen Blüten, wie dies bei H. nana, H. darrowiana, H. dumortieri und H. middendorffii vorkommt, wenn möglich vermeiden. Um gute Verzweigung zu erhalten, verwendet man Spezies mit vielen Verzweigungen wie H. citrina var. vespertina (7-ästig), H. multiflora und H. altissima (6-ästig), oder H. citrina, H. yezoensis und H. hakuunensis (5-ästig). Alle Spezies, die 5- bis 7-ästig sind, zeigen auch eine grosse Anzahl Blüten pro Stengel mit Ausnahme von H. hakuunensis (besitzt nur 6-11 Blüten pro Stengel). Mit Ausnahme von H. multiflora sind die Stengel der viel-ästigen Hemerocallis Spezies stark genug, um das Gewicht der Blüten und Früchte zu tragen. Obwohl H. multiflora gegenüber den anderen diesen Nachteil hat, besitzt sie auch einen Bonus, nämlich längere Blütenstiele, die dem Blütentstand einen lockeren Eindruck geben und das Ueberlappen von gleichzeitig geöffneten Blüten am gleichen Stengel verhindern. Dieser Einfluss kann z.B. bei THUMBELINA (Fischer, 1954) festgestellt werden.
    Bei einigen Spezies wie H. citrina var. vespertina, H. multiflora, H. coreana und H. fulva var. sempervirens wurden mehr wie 100 Blüten pro Stengel beobachtet. Diese Anzahl ist ausserordentlich und wahrscheinlich nicht nur abhängig von den Bedingungen sondern auch vom Klon.

Blüten
   
Die Blütezeit der meisten Sorten ist im Sommer, d.h. im Juli. Dies ist auch der Monat während dem die meisten Spezies blühen. Um die Blütezeit zu erweitern, damit sie früher anfängt, wurden Kreuzungen mit den sehr frühen H. minor, H. lilioasphodelus aber auch mit H. dumortieri und H. middendorffii gemacht, da diese ihre ersten Blüten im Mai öffnen. Seltener wurden die früh-blühenden H. nana und H. plicata zum Züchten verwendet. Aber auch zur Verlängerung der Blütezeit bis in den Herbst wurden einige spät-blühende Spezies verwendet, namentlich H. altissima (August), H. multiflora (August-September) und H. fulva var. sempervirens (ende August-Oktober). Das Ideale wäre eine Sorte, die im Mai anfängt zu blühen und im Oktober, wenn der erste Frost kommt, aufhört. Um dies zu erreichen, waren viele verschiedene Kreuzungen notwendig, die nicht nur Spezies mit früher und später Blütezeit beinhalten, sondern auch Spezies, die für ihr Remontieren bekannt sind wie H. middendorffii und in geringerem Ausmass H. lilioasphodelus und H. minor. Sie mögen geholfen haben, zu diesem Ziel zu gelangen, das als erstes mit STELLA DE ORO (Jablonsky, 1975) erreicht wurde.
    Aber nicht nur die Blütezeit ist wichtig, sondern auch die Blühdauer. Wie der Name Hemerocallis und Taglilie schon sagt, ist es eine wunderschöne Blume für einen Tag. Dennoch ist speziell eine Spezies bekannt für eine langdauernde Blüte, nämlich H. lilioasphodelus, deren Blüten zwischen 36-48 Stunden offen sind. Die nah-verwandte H. minor bringt es auf 24 Stunden. Das heisst, dass sie während dem Tag und der Nacht offen sind und wie bei den meisten nacht-blühenden Pflanzen, sind die Blüten von einer hellen Farbe (nämlich gelb) und duften.
    Alle anderen Spezies haben eine kürzere Blühdauer. Ihre Blühzeit ist entweder nachts (öffnen am späten Nachmittag und schliessen am folgenden Morgen) wie H. citrina, H. altissima, H. yezoensis oder tagsüber (öffnen am Morgen und schliessen am späten Nachmittag) wie H. fulva, H. middendorffii und viele mehr.
    Die Blütengrösse ist ein anderes Merkmal, das von einiger Wichtigkeit ist. Kleine Blüten sind normalerweise willkommen bei kleineren Pflanzen, die nur bis 40cm hoch werden. Bei diesen Kleinen wäre eine grosse Blüte nicht im Verhältnis zur Pflanzengrösse und der Gesamt-Eindruck wäre ein bisschen merkwürdig. Kleinere Blüten meist trompeten-förmig können bei H. minor, H. lilioasphodelus, H. darrowiana, H. nana und H. multiflora gefunden werden. Bei einer grossen Pflanze möchte man normalerweise grössere Blüten haben; dennoch können auch kleinere Blüten hübsch aussehen, wenn viele gleichzeitig offen sind, aber verteilt über die Höhe und Breite, wie dies bis zu einem gewissen Grad bei H. multiflora der Fall ist, vor allem wenn es mehrere Stengel gibt (das einzige Problem ist, dass die Stengel von H. multiflora nur zu Beginn der Blüte aufrecht stehen und später sich mehr und mehr dem Boden zu neigen). Grössere Blüten findet man bei den H. fulva's, H. aurantiaca und vor allem bei H. citrina (aber dies ist ein Spider, nacht-blühend und da die Form trompeten-förmig ist, öffnet sie nicht sehr weit).
    Die Anzahl der Blütenblätter (Tepalen) ist bei den Taglilien-Spezies normalerweise 6, d.h. die meisten Hemerocallis Spezies haben ungefüllte Blüten. Dennoch gibt es drei H. fulva Klone mit gefüllten Blüten, namentlich H. fulva 'Kwanso', H. fulva 'Kwanso Variegata' und H. fulva 'Flore Pleno'. H. fulva 'Kwanso' und deren panaschierte Form sind triploid und man bekommt nur selten Samen aus ihren Pollen oder Eizellen. Der Griffel wie auch die Staubfäden sind meist zu Tepalen zurückgebildet, aber an diesen wird noch etwas Pollen produziert. H. fulva 'Flore Pleno' ist normalerweise steril, da weder Pollen noch Griffel sichtbar sind, aber bis zu 18 Tepalen ausgebildet werden. Die gefüllten Züchtungen stammen wahrscheinlich von H. fulva 'Kwanso'. Mittlerweile gibt es auch polytepale Sorten, die nicht nur gelegentlich 8 oder 10 Tepalen aufweisen, sondern mehr als 50% polytepale Blüten machen wie z.B. DEMPSEY FOURSOME (Dempsey, 1992), I'M DIFFERENT (Beckham, 1981), FOUR STAR (Kropf-Tankesley-Clarke, 1988), STARRY DAY (Adams-Adams, 1991), TETRAD (Winniford E., 1982) und CENTENNIAL GAMBLER'S DREAM (Crawford, 1998). Polytepale haben nicht nur 4 oder 5 (selten 6 oder 7) Sepalen sondern normalerweise ebenso viele Petalen, Staubgefässe und Narbenlappen. Auch Hemerocallis Spezies zeigen gelegentlich polytepale Blüten (ich habe schon eine bei H. lilioasphodelus und bei einer H. fulva Spezies wie auch bei einer kleinen namenlosen Spezies gesehen).
    Wie bereits schon erwähnt, kann die Blütenform verschieden sein. Einerseits gibt es die Unterscheidung zwischen trompeten- oder tassen-förmiger und flacher oder zurückgebogener Form. Trompeten-förmige Blüten können bei allen Spezies gefunden werden, die in die H. citrina Gruppe gehören, namentlich H. citrina, H. citrina var. vespertina, H. yezoensis, H. thunbergii, H. lilioasphodelus, H. minor. Zurückgebogene Sepalen und weniger stark zurückgebogene Petalen sind deutlich ausgebildet bei H. fulva und H. aurantiaca, aber dies ist etwas weniger deutlich auch bei H. coreana sichtbar. Bis zu einem gewissen Grad flach sind an warmen Tagen die Blüten von einigen Spezies, die zur H. middendorffii Gruppe gehören, namenlich H. esculenta, H. exaltata und die Nachblüte (Remontierung) von H. middendorffii. Andererseits unterscheidet man zwischen Spidern (Verhältnis zwischen Petalen-Breite und -Länge ist 1:5 oder grösser), Spider-Varianten (Petalen-Breite zu –Länge Verhältnis liegt zwischen 1:4 und 1:5) und anderen mit breiteren Petalen. Zu den Spidern kann man bei den Spezies eigentlich nur H. citrina zählen, doch gibt es auch Klone von H. exaltata mit Spider-Qualitäten (obwohl es davon auch Klone gibt, die es nicht einmal in die Klasse der Spider-Varianten bringen). Als Spider-Varianten findet man H. yezoensis, H. fulva var. rosea, H. fulva var. disticha, H. fulva var. littorea, H. nana und H. micrantha; wobei es aber auch bei einigen anderen Arten Klone gibt, die es noch in die Klasse der Spider-Varianten schaffen. Die breitesten Petalen können an einigen H. fulva's, vor allem bei H. fulva var. maculata, an H. middendorffii und laut Literatur-Angaben mit bis zu 4cm Breite bei H. esculenta und H. forrestii gefunden werden. Dennoch habe ich noch keine Spezies-Petalen mit annähernd dieser Breite gesehen.
    Vergleicht man die Blütenfarben der Sorten mit denjenigen der Spezies, ist man überrascht über die vielen verschiedenen Farben. Die Hemerocallis Spezies zeigen entweder gelbe, gelb-orange oder rostrot-orange (fulva-orange) Farben. Ausserdem gibt es eine Art mit Namen H. fulva var. rosea, die rosa-farben ist, was wahrscheinlich auch der Ursprung für die violetten Farben bei Taglilien ist. Aber welche Art lieferte die rote Farbe und woher kommen die fast-weissen? Die rote Farbe wurde zum ersten Mal bei der Sorte THERON (Stout, 1934) erzielt. A.B. Stout kreuzte H. fulva 'Europa' mit H. lilioasphodelus, H. aurantiaca mit H. thunbergii und H. lilioasphodelus mit H. aurantiaca. Die Sämlinge kreuzte er untereinander oder mit H. fulva 'Europa'. Nur acht selektierte Sämlinge waren nötig um diese dunkel-rot mahagoni-farbene Sorte zu erhalten. Diese Farbe stammt von H. aurantiaca und H. fulva 'Europa', während die Farb-Intensivierung wahrscheinlich von den beiden anderen, beteiligten Spezies stammen (auch wenn H. fulva 'Europa' triploid ist, ergaben viele tausend Befruchtungen einige wenige Samen). Die fast-weissen Farben entstanden entweder von H. fulva var. rosea und/oder Spezies wie H. citrina, H. altissima und H. thunbergii. Der Schlund der Spezies ist meist gelb, aber vor allem bei H. thunbergii und H. citrina ist er grün.
    Ausser der Blüten-Farbe ist ein anderer wichtiger Faktor für das Aussehen der Blüte die Musterung wie Augen, Halos (Schein), Wasserzeichen, Ränder/Saum, Mittelstriche, Nerven, Punktierung. Augen sind nur bei H. aurantiaca und H. fulva und ihren Varietäten vorhanden. Die Augen sind deutlicher ausgeprägt bei den H. fulva's als bei H. aurantiaca. Da Halos und Wasserzeichen eine Art von hellerem (bleichem) Auge sind, haben sie ihren Ursprung auch bei den H. fulva's und H. aurantiaca. Ränder/Saum entwickelten sich wahrscheinlich aus den an sehr warmen Tagen weisslich werdenden Rändern von H. fulva var. rosea, aber auch die anderen H. fulva's zeigen bis zu einem gewissen Grad eine Abweichung bei der Farbe des Randes. Gewellte Ränder, die nach einigem Züchten zur Rüschung führten, können bei H. fulva's, H. aurantiaca, H. thunbergii und vielen anderen gefunden werden, vor allem bei warmen Temperaturen. Die Zähne bei den Tepalen sind vielleicht eine Weiterentwicklung aus der starken Rüschung und den gewellten Rändern. Aeltere tetraploide Sorten mit Zähnen sind z.B. GREEN FRINGE (Fay, 1974), CREEPY CRAWLER (Hite, 1973) und HEAVENLY CROWN (Reckamp-Klehm,1979). Da diese Sorten von gelb bis gelb-oranger Farbe sind (HEAVENLY CROWN mit rosa Tönung) ohne Anzeichen eines Auges, dürfte H. fulva und H. aurantiaca als Vorfahren resp. Ursprung für Zähne eher wenig wahrscheinlich sein. All diese drei erwähnten Sorten haben die tetraploide CRESTWOOD ANN (Fay-Griesbach, 1961) im Stammbaum. Ihre Blütenformen erinnern stark an H. coreana. Mittelstriche haben ihren Hauptursprung auch bei den H. fulva's und H. aurantiaca, aber ein Hauch von Mittelstrich kann auch bei H. citrina und einigen anderen gefunden werden. Die Mittelstriche bei den Spezies sind normalerweise heller als die Haupt-Blütenfarbe, was es schwierig macht, ihn auf hellgelb-blühenden Spezies wie H. citrina zu sehen. Nerven sind nur bei den H. fulva's ausgeprägt. Woher die Punktierung kommt, ist nicht ganz klar, aber wahrscheinlich stammt sie aus der fulva-farbigen Oberschicht von H. fulva und H. aurantiaca. Eine andere Art von Musterung sind die Eigenschaften zweitonig und zweifarbig. Auch dies stammt von den H. fulva's. Die oben aufgeführten Musterungen zeigen klar, dass die meisten davon entweder von H. fulva und/oder H. aurantiaca stammen. Alle anderen Spezies sind einfarbig, einige haben einen grünen Schlund und/oder einen Hauch von Mittelstrich.

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 Hemerocallis Spezies Uebersicht mit ihren Eigenschaften
Legende:
Spezies Name: (Autor, Jahr)

Beschreibung:

Blütezeit ; Winter-Verhalten ; Blüten-Charakteristik ; Stengel-Höhe ; Blüten-Farbe ; andere Informationen)
       z.B.: M-La ; dor. ; noc., fr., ext. ; 120-200cm ; blass-gelb einfarbig ; 10-12 Blüten pro Stengel, 1-2cm lange Blütenstiele
Blütezeit: EE (sehr früh) – E (früh) – EM (früh-mittel) – M (mittel) – MLa (mittel-spät)– La (spät) – VLa (sehr spät)
Winter-Verhalten: dor. (einziehend) – sev. (halb-einziehend) – ev. (nicht einziehend, immergrün)
Blüten-Charakteristik: noc. (nacht-blühend) / diu. (tag-blühend) – sl.fr. (schwach duftend) / fr. (duftend) – ext. (lang-blühend) – dbl. (gefüllt) – Re. (remontierend)

Merkmale:

Auflistung der wichtigsten Merkmale (positive und negative)

H. altissima (Stout, 1943):

Beschreibung:

M-La ; dor. ; noc. , fr. ; 120-200cm ; blass-gelb einfarbig

Merkmale:

lange Blütenstengel; nacht-blühend; duftend; >30 Blüten pro Stengel; Spider-Variant-Verhältnis; Auflösungs-Erscheinung in heisser Sonne

H. aurantiaca (Baker, 1890):

Beschreibung:

EM ; ev. ; diu. ; 60-90cm ; orange, rot überhaucht, 6-8 Blüten pro Stengel

Merkmale:

immergrün; Blüten-Durchmesser >12cm

H. aurantiaca 'Major' (Baker, 1895):

Beschreibung:

EM ; ev. ; diu. , sl.fr. , ext. , Re. ; 60-90cm ; gelb-orange, 5-10 Blüten pro Stengel

Merkmale:

immergrün; Blüten-Durchmesser >12cm

H. citrina (Baroni, 1897):

Beschreibung:

M-MLa ; dor. ; noc. ; 100-115cm ; blass-gelb

Merkmale:

nacht-blühend; Blüten-Durchmesser >12cm; duftend; 30-70 Blüten pro Stengel; Spider- Verhältnis grösser als 1:5; lange Röhre

H. citrina var. vespertina (Hotta, 1966):

Beschreibung:

M-MLa ; dor. ; noc. , sl.fr.; 180cm ; hell-gelb

Merkmale:

30-70 Blüten pro Stengel; Auflösungs-Erscheinung in heisser Sonne

H. coreana (Nakai, 1932):

Beschreibung:

EM-M ; dor. ; diu. , fr. ; 50-80cm ; gelb

Merkmale:

50-80 Blüten pro Stengel

H. darrowiana (Hu, 1969):

Beschreibung:

M-MLa ; dor. ; diu. ; gelb, 2 Blüten pro Stengel

Merkmale:

niedrig wachsend (Pflanze nicht mehr auffindbar, Beschreibung und Daten sind unvollständig)

H. dumortieri (Morren, 1934):

Beschreibung:

EE ; dor. ; diu. ; 15-60cm ; orange, Sepalen-Aussenseite bräunlich-rot, 2-4 Blüten pro Stengel

Merkmale:

Sepalen-Aussenseite bräunlich-rot; büschelige Blüten-Anordnung; trompetenförmig; früh-blühend

H. esculenta (Koidzumi, G., 1925):

Beschreibung:

EM ; dor. ; diu. ; 60-90cm ; orange, 5-6 Blüten pro Stengel

Merkmale:

nur an der obersten Spitze verzweigt; wellige Ränder bei Petalen

H. exaltata (Stout, 1934):

Beschreibung:

EM-M ; dor. ; diu. ; 120-150cm ; orange

Merkmale:

nur an der Spitze verzweigt; dicke Blütenstengel; zurückgebogene Sepalen; breite Petalen

H. forrestii (Diels, 1912):

Beschreibung:

EM ; dor. ; diu. ; 30-40cm ; orange-rot oder orange (zwei Formen); Stiel 2-3cm lang, nicht überall winterhart

Merkmale:

niedrig wachsend; Stiele; in kälteren Klima nicht winterhart

H. fulva (Linnι, 1762):

Beschreibung:

EM ; dor. ; diu. ; 60-90cm ; orange, rot überhaucht; H. fulva 'Kwanso' und H. fulva 'Flore Pleno' haben gefüllte Blüten; H. fulva var. rosea hat rosa-rote Blüten; H. fulva var. littorea zeigt halb-einziehendes bis immergrünes Verhalten

Merkmale:

zurückgebogene Tepalen; Auge; zweitonig; wellige Ränder; Mittelstrich; Nerven; fulva-rot und rosa; mittel bis lange Röhre; einige H. fulva Varietäten können bis zu 100 Blüten pro Stengel aufweisen

H. graminea (Andrews, 1802):

Beschreibung:

EM ; dor. ; diu., ext. ; bis zu 75cm ; kräftig orange, 2-3 Blüten pro Stengel

Merkmale:

gras-artige Blätter; Blüten-Durchmesser >10cm

H. hakuunensis (Naka, 1943):

Beschreibung:

M ; dor. ; diu. ; 85-100cm ; orange, 6-11 Blüten pro Stengel

Merkmale:

 

H. hongdoensis (Chung & Kang, 1994):

Beschreibung:

M ; dor. ; diu. ; 60-90cm ; orange-gelb, Stiel 1cm lang, 5-17(-23) Blüten pro Stengel

Merkmale:

 

H. lilioasphodelus (Linnι, 1753):

Beschreibung:

E-EM ; dor. ; noc.-diu., fr., ext. ; 76cm ; hell-gelb

Merkmale:

macht Ausläufer, duftend, lang-blühend, trompetenförmig; früh-blühend

H. micrantha (Nakai, 1943):

Beschreibung:

? ; dor. ; diu. ; ?cm ; orange, 4 Blüten pro Stengel

Merkmale:

sehr schmale Tepalen (Spider-Verhältnis ungefähr 1:6)

H. middendorffii (Trautvetter & Meyer 1856):

Beschreibung:

EE ; dor. ; diu., Re. ; 60-90cm ; orange; die 2 Brakteen sind breit-oval und überlappen an der Basis; niedrige Pflanze, bis zu 10 Blüten pro Stengel

Merkmale:

früh-blühend; remontierend; öffnet an warmen Tagen total flach mit zurückgebogenen und verdrehten Sepalen; breite Tepalen; Blüten büschelartig gedrängt an der Stengel-Spitze; Blütenreste verbleiben am Stengel nach dem Abblühen

H. minor (Miller, 1768):

Beschreibung:

E-EE ; dor. ; diu., fr., ext. ; 45-60cm ; gelb ; Stiele mehrere Zentimeter lang; niedriger Wuchs, gras-artige Blätter, 2-5 Blüten pro Stengel

Merkmale:

Stiele; niedrig; gras-artige Blätter; trompetenförmig; früh-blühend, lang-blühend

H. multiflora (Stout, 1929):

Beschreibung:

M-MLa ; dor. ; diu. ; 60-120cm ; orange, 75-100 Blüten pro Stengel, wiederholt verzweigt, 0.8-1.2cm lange Stiele

Merkmale:

75-100 Blüten pro Stengel (aber relativ schwacher Stengel); Stiele; spät-blühend; lang Blühperiode; breite Petalen; trompetenförmig

H. nana (Smith & Forrest, 1916):

Beschreibung:

E ; dor. ; diu. ; 15-30cm ; rötlich orange; nur eine Blüte pro Stengel, sehr kleine Röhre, nicht überall winterhart

Merkmale:

niedrig; wenige Blüten; in kälteren Klima nicht winterhart

H. pedicellata (Nakai, 1932):

Beschreibung:

? ; dor. ; diu. ; 55-65cm ; rot-orange; Stiel-Länge 2-4.5cm

Merkmale:

mehrere Zentimeter lange Stiele

H. plicata (Stapf, 1923):

Beschreibung:

E ? ; dor. ; diu. ; 25-55cm ; orange-gelb, 0.5-2cm lange Stiele, 5-11 Blüten pro Stengel

Merkmale:

Stiele

H. taeanensis (Kang & Chung, 1997):

Beschreibung:

EM ; dor. ; diu. ; 30-70cm ; orange-gelb, Stiele 0.2-3cm lang

Merkmale:

Stiele

H. thunbergii (Barr emend. Baker, 1890):

Beschreibung:

M-MLa ; dor. ; noc., fr., ext. ; 100-115cm ; zitronen-gelb, grüner Schlund, Blüten-Durchmesser bis zu 10cm, 1-2cm lange Stiele, 4-20 Blüten pro Stengel

Merkmale:

grüner Schlund; gerüschte Tepalen; breite Petalen; duftend

H. yezoensis (Hara, 1938):

Beschreibung:

? ; dor. ; diu., sl.fr. ; 40-85cm ; zitronen-gelb, Blüten-Durchmesser bis zu 10cm, bis zu 3cm lange Stiele, 4-12 Blüten pro Stengel

Merkmale:

Spider-Variant-Verhältnis

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 Abbildungen (Farbbild-Seite)
Hemerocallis Spezies Bilder und ihre Merkmale
H. middendorffii (Nachblüte an heissem Sommertag; zu beachten: die sehr flache Blütenform, Mittel-Strich an Petalen und der kopf-artige Büschel umgeben von zwei breiten Brakteen, woraus die Knospen kommen)
H. exaltata (zu beachten: die breiten Petalen, die offene Form der Blüte und alle Knospen entspringen ganz oben)
H. citrina (zu beachten: der schwache Mittel-Strich auf den spider-artigen Petalen, die dunkeln Spitzen der Knospen und der grüne Schlund)
H. fulva var. rosea 'Rosalind' (zu beachten: hellere Ränder an Sepalen, rotes Auge, oliv-farbener Schlund, Mittel-Striche und Nerven auf Petalen mit welligen Rändern, Spider-Variant-Proportionen)
H. fulva 'Flore Pleno' (zu beachten: rotes Auge und Mittel-Striche auf Petalen, gewellte Ränder bei Petalen, deutliche Nerven auf Tepalen, gefüllt)
H. fulva 'Hankow' (zu beachten: Mittelstriche und rotes Auge auf Tepalen, hellere Ränder auf Sepalen)

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